Meine Böhmisch-Polnisch-Preußischen Vorfahren

„Eine europäische Familiengeschichte“

Die Preußische Zeit …   

Ein neuer Abschnitt in der Geschichte Schlesiens bahnt sich an und leitet mit dem Regierungsantritt Friedrich des II. (1712-1786) am 31. Mai 1740 als König von Preußen eine neue Zeit für Schlesien ein.

 

Der König erhebt, noch bevor der durch die Thronbesteigung der Erzherzogin Maria Theresia ausgelöste Erbfolgekrieg beginnt, Ansprüche auf Teile von Schlesien.

 

Er führt um den Besitz Schlesiens mit unterschiedlichen Verbindungen drei Kriege:    1740-42, 1744-45 und den Siebenjährigen Krieg von 1756-63.

 

Bereits nach dem Tod seines Vaters schlägt Jan Andreas die militärische Laufbahn ein, die traditionell schon sehr früh ihren Anfang nimmt.

 

Die von Preußen als Schulen eingerichteten Kadettenanstalten für den adligen Offiziernachwuchs nahmen die Söhne des Adels bereits im Alter von 10 Jahren auf.

 

Zwanzigjährig heiratet er die gleichaltrige Barbara Bronikowska herbu Przyjaciel, eine Verwandte des Generals Carl von Bronikowski, der schon unter Friedrich Wilhelm I. die Umgestaltung der preußischen Reiterei in Angriff genommen hatte.

 

Unter seinem Nachfolger, dem Dragoner-General Chedritz,  begann der jüngste Sohn, Jan Jirzi Lipinsky Poray ,seine militärische Laufbahn, wurde 16-jährig bei Hochkirch verwundet, stieg die militärische Rangleiter empor zum Major à la suite Friedrichs des Großen, der ihm sowie seinem Vetter Thomas Lipinsky Poray Dmowski am 17.12. 1762 Adelsbestätigung und Aufnahme in den preußischen Adel für die Familienzweige Erbscholtisei und Dmowski verlieh.

Als Adam Carl Friedrich Poray Lipinsky nach 4 Jahren Studentendasein in Halle nach Gottersdorf zurückkehrt, übernimmt er die Erbscholtisei und ist fortan Erb- und Gerichtsscholz zu Gottersdorf, und Dombrowa, Herr auf Antheil Würbitz und Haus- und Grundstücksbesitzer in Constadt.

Textfeld: A D E L S L E G I T I M A T I O N
Wir Friedrich
Von Gottes Gnaden König in Preußen,  Marggraf zu Brandenburg des Heil. Röm. Reichs Ertz Cämmerer und Chur-Fürst, Souverrainer und Obrister Hertzog von Schlesien ect. ect. ect.
Uhrkunden und fügen Hiermit, sonderlich wo es von Nöthen, zu wissen, demnach die Wohlgebohr. Unsere lieben Getreuen nehmlich der Sec=Lieutenant George Poray Lipinsky und der Tomaß Poray Lipinsky, genannt Dmoffsky besage vermeldter Krenckung im Besiz Ihres Rechtmeßig Ererbten Ahdlich Antheils-Würbiz alß auch Prosliz-Scholtissey mit Gerechtter Beschwöhrde bey unserer Königten Ober-Ambts-Regierung zu Breßlau eingekommen;  Uns Dahrumben auch Unterthänigst haben Bitten lassen, Wir wollen Ihnen Ahdlichen Stand und Wappen ihrer Väter und Vohr-Väter zu Schlesien und Pohlen gnädigst bestättigen; Daß Wir solcher geziemenden Bitte Ob von Ihnen, insonderheit aber von Ihren Vätern Hansen und Otokarn Poray Lipinsky weiland in Kriegeß-Diensten biß in eyn Rühmblichen Todt, gegen uns und Unser Königles Chur-Hauß bewiesenen Unterthänigsten Treue und Ergebenheit aus Besonderen Königlen Gnaden deferiret und Statt gegeben.
Wir Thun Daß auch Hiermit und Kraft Dieses, Bestättigen Obsagten Stand Nahmen und Wapen Ahdlichen Geschlechts Poray; 
Also und Dergestalt daß schon Vohrgedachte Väter Hans und Otakar Poray Lipinsky, Unsere weyland Lieben Getreuen zur Schaar und Gesellschaft der Ahdlichen Personen in Unserem Hertzogthum Schlesien gezehlt seyn solten; Als auch Dehrer Eheliche Leibes-Erben und
Erbes-Erben mann und weiblichen Geschlechts in Absteigender Linie, Sie schreiben sich Poray Lipinsky od. Lipinsky von Poray, Führo hin bey allen Gelegenheiten in welchen sie sich nachbeschriebenen Ahdlichen Wapens nehmlich,
             Im Schwartzen Schild die Silberne Rose;  Auff gecröhntem Helm 
            die silberne  Rose; Die Helm-Deken seyn Schwartz und  Silbern
zu bedienen Nöthig und Dienlich erachten möchten, Sie daß thun soln Demselben zu Desto mehrerer Zierde.
Gestalt Wir auch allen und jeden Unserer Unterthanen, Geistlichen und Weltlichen, weß Standes Würde und Wesens sie seyn mögen, insonderheit aber Dehnen von Uns, verordneten Regierungen, Kriegeß  und Domainen Cammern wie auch allen Anderen Obrigkeiten und Ambts-Persohnen in Unserem Erb-Königreich Hierdurch ernstl. Anbefehlen , Mehrgesagte Poray Lipinsky od. Lipinsky von Poray an Führung und Gebrauch Ihres Ahdlichen Nahmens und Wapens nicht zu hindern noch zu irren noch zu krencken, sondern vielmehr von Unsertswegen zu schützen und zu Handhaben; Auch sonst aller und jeder Ahdlichen Freyheitten Ehren Würden Rechtte und Gerechtigkeiten geruhiglich erfreuen und gebrauchen lassen, auch Hierwieder nichts thun noch daß es von jemand Anders geschehe veranlassen oder gestatten, in keynerlei Weise noch Wege, so lieb eynem jeden ist, Unsere schwere Strafe und Ungnad, darzu eyn Poen von Fümftzig Marck Löthigen Goldes zu vermeyden , Sie eyn Jeder, so offt er freventlich dawieder handelte, halb  in Unsere Renth Cammer, den anderen Halben Theil Offtgedachten Poray Lipinsky oder Lipinsky von Poray, wer von Ihnen dadurch beleydigt würde, unnachläßig zu bezalen verfallen Seyn soll.
Deß zu Uhrkund haben Wir gegenwerttigen Gnade Brieff eigenhändig unterschrieben und mit Unserm Königlen Gnaden Siegel  bestärcken lassen.
So gegeben und geschehn zu Breßlau, den 17ten Decembris  nach unseres Herrn Gebuhrt im 1762st.
Unser Königlen Regierung im Drei und Zwanzigsten Jahr.

L.S. (gez.) Friderich                                                                                                         CARMER
Ahdels-Bestätigung vohr die Wohlgebohr.

Damit sind für den 19jährigen Jan Jirzi die Weichen für seine militärische Laufbahn gestellt, und auf dem Weg in die ‘suite des Königs’ steht fast nichts mehr im Weg.

 

Im Alter von 22 Jahren heiratet er 1765 als Premier-Lieutenant zu Constadt die einzige Tochter des Herrn Major Carl Heinrich von Klosowsky und Smardy.

 

Als Trauzeugen werden nur die Regimentskameraden H. Capitän von Wolksy aus Namslau und Herr Major von Krolikowsky von Creutzburg genannt, die so feuchtfröhlich Abschied vom Junggesellendasein genommen haben, daß Jan Jirzi beinahe seine eigene Hochzeit verpasst hätte.

 

Davon zeugt für alle Zeiten der Eintrag des Pastors Cochlovius ins Kirchenbuch der ev. Pfarrgemeinde Constadt:

 

„ad not. ist die ganzt Gesellschaft erst in der fünft Stunde hundsmeßig vollgesoffen zur Kirche gekomen, so daß der Pastor Cochlovius gegangen und der Diaconus Freytag auff gemessenen Befehlt d. Herrn Patrohns die  Handlung vohrnehm. mußte“.

 

Der damals 28jährige Diaconus Georg Freytag gehörte durch die Versippung der Schönwalder Freytagstöchter mit den Poray Lipinsky zur Familie. Er ist der Großvater des Schriftstellers Gustav Freytag.

 

Sechs  Jahre später heiratet Jan Jirzi als Witwer und Königlicher Capitän 1771 zu Constadt Carolina von Rosenberg Lipinsky. Er ist nur noch selten oder in unregelmäßigen Zeitabständen in Gottersdorf.

 

1772  taucht sein Name im „Verzeichnis pohlnischer Adelicher der Potsdamer Garnison“ auf:

 

‚Dragohner Capitän von Poray Lipinsky, Erbrichter zu Gottersdorf im schlesischen Fürstentum, Erbherr auf Murkow im Pohlnischen’.

Im Frühling des Jahres 1776  erscheint er doch noch einmal in der Erbscholtisei bei seiner jungen Frau, die  darauf im Dezember 1776 im Cavalierhaus des Schlosses Bezyin  einen Sohn zur Welt bringt, welcher am 17.12.1776 auf den Namen  ADAM FRIEDRICH getauft wurde.

Die Geburtsurkunde nennt nur zwei Paten: Herr Majohr von Redern und Herr Majohr von Ledebuhr.

 

Der Königlich Preußische Rittmeister, Jan Jirzi, bei der Geburt seines Sohnes nicht anwesend, lässt sich ein Jahr später scheiden, ordnet seine Verhältnisse und kehrt Gottersdorf und seiner Familie für immer den Rücken zu.  Das Kind wird seinen Vater nie kennenlernen.

 

Bis heute konnte noch nicht herausgefunden werden, wo sich das“ Schloß zu Bezyin auch Brzyin “ befindet.  Ist es ein Ortsname oder nur die Bezeichnung eines Besitzes?

 

Minne Lipinsky hat folgende Hypothese:

 

‚Bezyin’ – das ist sicherlich kein Ortsname, sondern wie unser ‚Dmowski’ der eines Besitzes, eines Gutes, eines Schlosses, und ich vermute, es ist der Besitz von Wrochem-Repetzky gemeint, des Großvaters mütterlicherseits der Carolina, des Forstmeisters. Da er ihr auch andere Besitztümer in Konstadt hinterlassen hat – Adam schenkt sie seiner ältesten Tochter, als sie den Pietruski heiratet, könnte ja auch Bezyin da irgendwo in den Wäldern liegen“.

 

Brief vom 17.09.1998 an Renate Wietschel

Viele Jahre später berichtet die „Chronik der Stadt und Herrschaft Parchim“ im Oktober 1783 über eine ansehnliche Hochzeit des Königlich-Preußischen Major vom Regiment Gens d’ Armes, Herr Johan George Lipinsky vom Geschlecht Porei zu Gottersdorf im Fürstentum Oels mit dem Fräulein Catharina Helene von Cramon aus dem Hause Ihlow.

 

„ Indeß die Trauung außwärts vollzogen, begann die Festlichkeit allhier und dauerte durch drei Tage, wobei wegen besonderen  Verhältnissen des Brautvaters, Kammer-Hrn Reimar von Cramon und gegen dessen Baldigstes Versprechen mehr denn achtzig Gäste aus den Herzog-

tümern und Preußen vom Stadt-Kämmerer Täglich mit drei Mahlzeiten zu vier Gerichten nebst Heimischen Bier und Branntwein bewirtet worden sind“.

 

Die Regierungszeit Friedrich des Großen neigt sich ihrem Ende zu.

Für den Fall seines Ablebens hat er verfügt „Ein Begräbnis ohne Prunk und ohne die geringsten Zeremonien“.

Sein Neffe und Nachfolger, Friedrich Wilhelm II., ignorierte sein Vermächtnis und lässt ihn mit großem Pomp in der Potsdamer Garnisonskirche begraben.

 

Die letzten Stunden und das Leichenbegräbnis Friedrichs des II., König von Preußen, beschreibt  Carl Christian Horvath 1786 in einem Aufsatz.

Durch ihn erfahren wir, daß Jan Jirzi Lipinsky unter den Offizieren der Königlichen Suite zum Leichengefolge gehört, Ehrenwache am Sarge und bei den Reichs-Kleinodien hält und einer der acht Majors ist, die zur Führung der mit schwarzem Samt bedeckten Leichenpferde bestimmt sind, die den Sargwagen gezogen haben.

 

Mit dem Tod seines Herrschers 1786 ging auch für ihn die Ära am Hofe des Königs in Potsdam zu Ende.  28 Jahre lang hatte er Preußen treu gedient, Preußen, das seine Untertanen sein, bleiben und glauben ließ, was immer sie wollten, wenn sie nur taten, was sie sollten.

 

Er war immer dort, wo der König seine Schlachten schlug, Niederlagen erlitt und Siege errang, wurde geadelt‚ wegen „bewiesener unterthänigster Treue und Ergebenheit“, dachte Preußisch, fühlte Preußisch, erkannte die preußische Ordnung und deren Wertrangliste als vornehmsten Maßstab an, obwohl in seinem Zuhause an der Prosna bis hoch ins 19. Jahrhundert hinein Polnisch gesprochen wurde.

 

1787 verläßt er Potsdam und gilt für lange Zeit als verschollen.  Zehn Jahre später erfährt die Familie in Gottersdorf, daß er sich in Russland aufhält, als Kaiserlich-Russischer Generalmajor in 4. Ehe Anna Witwe Chmielska geborene Puttkamer geheiratet hat und sein einziger Sohn, Iwan Grigorjewitsch 1799 in Minsk geboren wird.

 

Jan Jirzi Poray Lipinsky, der 28 Jahre für den Preußischen Adler stritt, beendet seine militärische Laufbahn und auch sein Leben im Alter von 62 Jahren unter der Zarenkrone.

 

Er wird verwundet  in der berühmten „Dreikaiserschlacht“ bei Austerlitz, in der am 2. Dezember 1805 Napoleon über die Österreicher und Russen siegte, und stirbt am folgenden Tag, dem 3. Dezember 1805 bei Austerlitz.

 

Das Wichtigste im Leben des Jan Jirzi war seine militärische Laufbahn.

Ruhm und  Ehre erkämpfte er sich auf den Schlachtfeldern, wie einst seine Vorväter in Polen und Böhmen.

Seine 4 Ehen mit jungen Frauen aus einflussreichen Familien ebneten ihm den Weg dafür. Das Beste jedoch waren seine beiden Söhne, die den Stamm der Poraje fortpflanzten.

 

Sein  Sohn aus der Ehe mit Caroline von Rosenberg Lipinsky hatte als erster Poray  Lipinsky keine Ambitionen, die alte Tradition der Vorväter fortzusetzen und wählte statt militärischer Laufbahn, das Leben eines Erbscholzen auf eigenem Grund und Boden in Gottersdorf.

 

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Er gründet eine Familie. Seine Wahl fällt auf die Tochter des Schönwalder Erbscholzen Freytag, Anna Rosina, die er am 1. Februar 1798 heiratet.

Das Glück ihrer Ehe währte nur kurze Zeit. 1806 stirbt die junge Frau nach der Geburt ihres vierten Kindes.

 

Neben diesem persönlichen Schicksalsschlag musste sich der junge Erbscholz Adam einer neuen politischen Situation stellen.

Es war die Zeit der französischen Revolution, des Niedergangs Preußens, der Eroberungszüge Napoleons.

Teil  ITeil IITeil III  )

Teil  ITeil IITeil III  )

Eine schwere Zeit für einen Erbscholzen, sein Dorf durch die Schwierigkeiten von Einquartierungen, Kontributionen und Rekrutierungen zu bringen.

 

Nach dem unglücklichen Ausgang der Schlacht bei Jena und Auerstädt 1806 rückten die Franzosen in Schlesien ein. In den Kreis Kreuzburg kamen am 20. August 1807 insgesamt 17 französische Kompagnien, die auf die Städte und Dörfer verteilt wurden.  Nicht nur die Verpflegung, auch der Transport der Truppen und ihrer Bagage waren eine drückende Last.

 

Nach dem Frieden von Tilsit 1807 kam durch die Stein-Hardenbergschen Reformen auch die Abschaffung der Gut- und Erbuntertänigkeit der Bauern auf ihn zu.  Um Amt, Familie und Landwirtschaft aufrechtzuerhalten, den vier Kindern wieder eine Mutter zu geben und eine Frau an seiner Seite zu wissen, heiratet Adam ein halbes Jahr später die Cousine der Verstorbenen, Rosina Kabitz, Tochter des Erbmüllers Johann Kabitz aus Kreuzburg und seiner Ehefrau Rosina Piantkin, die vielleicht schon zuvor als helfende Kraft im Haushalt tätig gewesen war.

 

Rosina gebar ihm drei weitere Kinder, von denen zwei noch ganz klein sterben. Nach elfjähriger Ehe stirbt auch Adams zweite Ehefrau. Zurückbleiben der Vater und vier unmündige Kinder.

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